Motorradrecht

Plädoyers in Kiel

In der Sache gegen den Nazi, dem man eine gefährliche Körperverletzung zulasten zweier Angels zur Last gelegt hat, wurden gestern vor dem Landgericht Kiel bereits die Schlußvorträge gehalten:

Die Staatsanwaltschaft sah es als erwiesen an, dass der angeklagte rechtsmilitante Neo-Nazi und ehemalige NPD-Funktionär Peter B. am Morgen des 29. August 2008 mit je einem Messerstich gegen die “Hells Angels” Dennis K. und Sascha B. den Tatbestand der vorsätzlichen gefährlichen Körperverletzung mittels einer Waffe und einer das Leben gefährdenden Behandlung erfüllte und ohne einen Rechtfertigungsggrund sowie schuldhaft handelte. Staatsanwältin Füssinger beantragte, angesichts einer Fülle strafschärfender Gesichtspunkte, eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten zu verhängen.

Die Verteidigung plädierte auf Freispruch. Peter B. habe zugunsten seines Freundes, dem Zeugen Ralf D., in Nothilfe – dem Äquivalent zur Notwehr – und damit gerechtfertigt gehandelt. Die Verteidiger Horst Terjung und Christian Bangert brandmarkten den Hauptbelastungszeugen der Anklage, einen Justizwachtmeister des Amtsgerichts aufgrund mutmaßlicher Verbindungen zu den “Hells Angels” als vollkommen unglaubwürdig. Die Staatsanwaltschaft habe sich darüber hinaus bei den Ermittlungen von der Identität der Beteiligten blenden lassen, “eingleisig und unzureichend” gearbeitet. Die “Hells Angels” um den Dennis K. hätten die tätliche Auseinandersetzungen begonnen, um die Scharte auszuwetzen, die bei dem Angriff auf diesen im März 2007 in der Kieler Discothek “Mausefalle” entstanden sei.

Quelle und weitere detaillierte Infos über den Prozeß: kiel211

Erfahrungsgemäß werden die Ermittlungsmethoden von Polizei und Staatsanwaltschaft immer dann von der Verteidigung heftigst kritisiert, wenn sonst keine Substanz vorhanden ist. Das endet meist in einer Verurteilung und führt in der Folge ins Rechtsmittel.

Das Revisionsgericht schaut sich dann die Ermittlungen noch einmal an (wenn sie denn von der Verteidigung in der erforderliche Form zum Prozeßgegenstand gemacht wurden, was nicht ganz so einfach ist), stellt oft Fehler fest, die aber meist nicht zur Unverwertbarkeit der Ermittlungsergebnisse führen. Das Urteil des Instanzgerichts wird gehalten.

Ich bin gespannt, was die Strafkammer des Landgerichts nun in der Beratung auswürfelt.

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Kesselberg: Rechtswidrige Sicherstellung

Stolz präsentierte das Polizeipräsidium Oberbayern Ende Oktober 2008 die erlegte Beute vom Kesselberg:

sicherstellung

Am Sudelfeld waren es 26 erlegte Kräder.

Dem lag eine Verwaltungsanweisung aus dem Jahre 2007 zugrunde:

Wegen der auf der Bundesstraße 11 im Bereich des Kesselbergs zwischen dem Kochel- und dem Walchensee bestehenden Unfallhäufigkeit unter Beteiligung von Motorradfahrern erteilte das Polizeipräsidium Oberbayern 2007 eine Grundsatzweisung: Ein Motorrad soll sichergestellt, abgeschleppt und mindestens bis zum nächsten Morgen, an Wochenenden bis zum Montagmorgen verwahrt werden, wenn der Fahrer innerhalb eines Jahres am Kesselberg einmal die Geschwindigkeitsbegrenzung um mehr als 40 km/h beziehungsweise zweimal um mehr als 25 km/h überschreitet. …

Gute Idee, könnte man meinen, wenn man einer dieser hemdsärmeligen Bayern wäre. Die Polizei vor Ort frohlockte fröhlich:

Die Rechtmäßigkeit der Sicherstellungen bei solch unverantwortlicher Fahrweise wurde im März diesen Jahres gerichtlich bestätigt. Das Bayerische Verwaltungsgericht in München wies die Klage eines Motorradfahrers ab, dem im August 2007 seine Suzuki wegen gravierenden Geschwindigkeitsüberschreitungen sichergestellt wurde.

Quelle: Pressemeldung der Polizei Oberbayern

Das sieht der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München allerdings ganz anders. In einem am 9.2.08 bekannt gegebenen Urteil
(Az.: 10 BV 08.1422) bescheinigt der VGH den Oberbayern: So geht’s nicht!

Die Sicherstellung von Fahrzeugen setzt voraus, dass im Einzelfall die konkrete Gefahr eines in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang drohenden weiteren Verkehrsverstoßes droht. Dies ist nur der Fall, wenn nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in der nächsten Zeit eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu erwarten ist. Eine solche Prognose-Entscheidung im Einzelfall kann nicht schematisch an die Höhe einer einmaligen oder zweimaligen Geschwindigkeitsübertretung geknüpft werden….

Na bitte, es gibt auch noch Bayern mit Augenmaß.

Worum geht’s hier eigentlich? Um diese alte Bergrennstrecke, die an den Wochenenden für Moppedfahrer gesperrt ist:

(Sorry, aber ich habe kein Video mit einem schönen italienischen V2-Sound gefunden; deswegen ist die Musik hier ganz hilfreich – man hört diese Zwiebacksäge nicht so deutlich. ;-) )

Links gefunden bei Richter Carsten Krumm c/o Beck Blog

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Friedenspfeifen?

Es ist ein beinah für unmöglich gehaltener Schritt: Die innig verfeindeten Rocker-Motorradclubs der Bandidos und Hells Angels sollen einen deutschlandweiten Waffenstillstand vereinbart haben. Sowohl das Berliner als auch das Brandenburger Landeskriminalamt (LKA) bestätigen die Friedensgespräche. „Verhandlungen zwischen Bandidos und Hells Angels hat es bereits früher gegeben“, so ein Berliner Ermittler. „Aber nie waren sie so weit fortgeschritten wie heute.“

berichtet Konrad Litschko in der taz.

Grund dafür – das war zu erwarten – sei der Druck, der seitens der Strafverfolgungsbehörden auf die beiden MC gemacht wurde. Behaupten jedenfalls unisono die Landeskriminalämter in Berlin und Brandenburg.

Wenn dann zwischen den Rot-Weißen und den Bunten Ruhe einkehren sollte, wird sich die Frage stellen: Was wird mit den Jungs vom Gremium MC, die sich in Potsdam bekanntlich recht wohl fühlen. Bisher jedenfalls noch – Ende letzten Jahres hat sich in Brandenburgs Hauptstadt ein Angels-Charter gebildet.

Es bleibt spannend in der Szene.

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Der Prozeß in Kiel

Über das Verfahren vor dem Landgericht Kiel gegen den Ex-NPD-Landeschef, dem die Anklage vorwirft, einen Angel „vorsätzlich mittels einer Waffe und einer das Leben gefährdenden Behandlung körperlich mißhandelt und an der Gesundheit geschädigt zu haben„, berichtet sehr ausführlich Rüdiger Kohls auf www.kiel211.de.

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Der traut sich was

Vor dem Kieler Landgericht muss sich ein ehemaliger NPD-Landesvorsitzender verantworten. Er soll ein Mitglied des Rockerclubs „Hells Angels“ niedergestochen haben.

berichtet Spiegel Online über den Prozeßauftakt am 2.2.08.

Es scheint nicht ganz einfach zu sein, das angeklagte Geschehen aufzudröseln. Die Staatsanwaltschaft sieht es so:

… wirft dem 35-jährigen Angeklagten, einem „führenden Mitglied der rechten Szene in Norddeutschland“, vor, sein Opfer und einen weiteren Mann bei der Messerattacke im Eingangsbereich des Amtsgerichts gezielt niedergestochen und lebensgefährlich verletzt zu haben. Er habe „den Zusammenstoß provoziert“ und sich extra Gesinnungsgenossen zur Verstärkung mitgebracht.

Anders sieht es ein Zeuge, ein Polizeibeamter:

Danach stürmten im August etwa acht „Hells Angels“ vor dem Eingang des Amtsgerichts auf rund 20 Männer zu, die dort warteten und schlugen „wie die Wahnsinnigen“ sofort los. Drei bis vier Minuten habe das „Tohuwabohu“ gedauert. Der Zeuge räumte aber ein, dass er nur eine eingeschränkte Sicht hatte.

Es sieht gleichwohl nicht gut aus für den Angeklagten: Er hat die ihm zur Last gelegte Tat bereits im Ermittlungsverfahren vor dem Haftrichter gestanden.

Damit dürfte es wohl nicht mehr darauf ankommen, daß die an der Auseinandersetzung beteiligten Rocker als Zeugen – wie zu erwarten ist – nicht aussagen werden.

Nicht nur nebenbei sei folgendes noch erwähnt:

Der Anwalt des Hells Angels Dennis K. beklagte gegenüber der taz, dass „trotz unklarer Beweislage weiter gegen 15 Hells Angels ermittelt wird, während die Ermittlungen gegen 9 Rechtsextreme eingestellt wurden“.

berichtet Andreas Speit in der taz.

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Verwickelt im Kampfsport

Wie man mit einem Bericht über eine bewaffnete Auseinandersetzung zeigt, daß man von dem, worüber man gerade berichtet, keine Ahnung hat, konnte man gestern im Tagesspiegel nachlesen.

Vor dem Kieler Landgericht beginnt heute ein Prozess gegen den früheren NPD-Landesvorsitzenden von Schleswig-Holstein, Peter Borchert, wegen gefährlicher Körperverletzung. Der 35-Jährige soll am 29. August des Vorjahres im Verlauf einer Massenschlägerei vor dem Kieler Gerichtsgebäude mit einem Messer auf ein führendes Hells Angel-Mitglied eingestochen haben, der nur durch eine Notoperation überlebte.

Das ist der zutreffend dargestellt Hintergrund. Der Rest des Beitrags entspricht dem Niveau dieses Zitats:

Die Hells Angels im hohen Norden weisen regionale Unterorganisationen, sogenannte Charter, in Flensburg, Kiel und Alveslohe nahe Kaltenkirchen auf. Sie sind in Aktivitäten von Tätowierstudios, Gastronomie, Türsteher-Dienstleistungen, Kampfsport und Online-Versänden verwickelt.

In Online-Versänden verwickelt. Aha.

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Die Verräterin

Daß es organisierte Diebe gibt, die sich spezialisiert haben auf hochwertiges Gerät, ist bekannt. Auch den Ermittlungsbehörden und den Strafrichtern:

Sechs Männer und zwei Frauen, […], waren angeklagt, als die Hauptverhandlung im vergangenen Jahr vor der 7. Strafkammer des Landgerichts München I begann. Mittlerweile sind noch zwei Angeklagte übrig – die anderen wurden zu Haftstrafen zwischen einem Jahr neun Monaten und vier Jahren acht Monaten verurteilt. In der Sache waren die Angeklagten großteils geständig […]. Sie mieteten Transporter, fuhren damit in Tiefgaragen, brachen Gitterboxen auf, in denen Motorräder verwahrt wurden, luden die Beute ein und brachten sie zu einem Lager […]. Von dort wurden die Fahrzeuge dann ins Ausland gebracht und verkauft.

Quelle: Süddeutsche Zeitung

Auf diese Art ist auch meine KTM vor ein paar Jahren aus dem Hinterhof geklaut worden. In meinem Fall sind mir die Diebe gefolgt, um den Standort des Moppeds zu ermitteln.

Es geht aber auch anders:

Kristina S. ist im Kreisverwaltungsreferat stellvertretende Leiterin eines Sachgebiets in der Unterabteilung Verkehrsüberwachung. Oder besser gesagt: Sie war. Denn ihr wird vorgeworfen, ihr Dienstgeheimnis verletzt zu haben. […] Konkret soll die KVR-Mitarbeiterin den Dieben Adressen beschafft haben. Die Täter nannten ihr Kennzeichen teurer Motorräder, die sie in der Stadt gesehen hatten. Dann soll Kristina S. ihnen Auskunft darüber erteilt haben, wo genau sie die begehrte Beute finden.

Quelle: Abendzeitung

Wie kommt sowas raus?

Einen Hinweis darauf lieferte ein Dialog aus einer Telefonüberwachung […]. Ein Bandenmitglied sagte zum anderen: „Ich werde ihr die Kennzeichen heute geben, vielleicht schafft sie“s, dann können wir morgen arbeiten.“

[…]

Die Diebe fuhren offenbar in der Stadt umher auf der Suche nach teuren Motorrädern, notierten die Kennzeichen, übergaben die Notizen Kristina S., und die suchte dann die dazugehörigen Adressen heraus.

Quelle: Süddeutsche Zeitung

Es gibt Straftaten, da machen auch einem Strafverteidiger keine richtige Freude.

Danke an die Donnerkatze für die Links.

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Party

In der Nacht zum Sonntag hatten etwa zehn bis 15 teils vermummte sowie mit Baseballschlägern und Schlagringen bewaffnete Männer den Veranstaltungsraum in der Schlunkendorfer Straße gestürmt und mehrere Gäste – unter ihnen Rocker aus Skandinavien – angegriffen. Die Täter raubten Handys und Kleidung. Sie zerstörten zudem alle Scheiben eines Autos und flüchteten.

Kurz nach der Attacke stoppte die Polizei auf der Bundesstraße 2, Richtung Potsdam, ein verdächtiges Auto. In ihm fanden die Beamten eine Machete, ein Schlagring, Pfefferspray sowie eine bei dem Überfall geraubte Lederweste („Kutte“) des schwedischen Motorradclubs „Veteran MC“ aus Lövestad. Im Wagen saßen die Rocker des Gremium MC; ein Mitglied aus Potsdam, die vier übrigen aus Sachsen-Anhalt.

„Wir sind deshalb absolut sicher, dass die fünf Männer etwas mit der Tat zu tun haben“, sagte Rudi Sonntag, Sprecher des Präsidiums in Potsdam. Seine Kollegen ermitteln nun wegen Raubes, gefährlicher und schwerer Körperverletzung sowie schweren Landfriedensbruchs.

Quelle: Morgenpost

Wenn die Machete, der Schlagring, der Pfefferspray und die Kutte eines „Veteranen“ alles ist, was die Ermittler in der Hand haben, wird das sicherlich nichts mit der Beweisführung. Das dürfte zuwenig sein, um den Tatnachweis erbringen zu können.

Es sei denn, (nur) einer der fünf Member des Gremium MC schweigt nicht, sondern „verteidigt“ sich selbst, ohne sich vorher ordentlich beraten zu lassen.

Übrigens: „Absolut sicher“ waren sich die Ermittler in der Geschichte mit dem Passauer Polizeipräsidenten Manichl anfangs auch. Das hört sich ein paar Wochen später auch anders an. Ein seriöser Ermittler sollte den Tag nicht vor dem Abend loben …

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Die Teufel reden

Es geht um versuchten Totschlag, der zwei Mitgliedern der Red Devils vorgeworfen wurde. Die Staatsanwaltschaft behauptete in der Anklageschrift, die Beiden hätten einen (suspendierten) Polizeibeamten angeschossen, der „irgendwie“ Kontakte zu den Bandidos haben sollte. Alles recht düster beim Landgericht Neuruppin, das über den Vorwurf seit dem 9. Dezember 2008 verhandelt.

Die beiden Angeklagten verteidigten sich durch Schweigen. Jedenfalls bis gestern.

Fünf Monate nach zwei Schüssen auf einen Autofahrer in Hennigsdorf (Oberhavel) brachen gestern die beiden Tatverdächtigen vor dem Landgericht Neuruppin ihr Schweigen.

schreibt die Berliner Morgenpost.

Der eine gestand die Schüsse. Damit entfiel der „dringende Tatverdacht“ gegen den anderen; er wurde aus der Untersuchungshaft entlassen.

Das sieht ganz nach Gesprächen „außerhalb des Protokolls“ aus, die zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung geführt haben.

Danke an die Donnerkatze für den Hinweis auf den Artikel.

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Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons

Dem Fahrzeugführer ist die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält.

Quelle: § 23 Absatz 1a Satz 1 StVO

Bislang hatte ich angenommen, das sei eine von wenigen Rechtsnormen, gegen die ein Moppedfahrer nicht verstoßen könne. Ich habe mich geirrt!

Und noch einer:

Don’t try this at home!

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