Ein ganze besondere Spezies unter den Rechtsanwendern sind die Finanzbeamten. Soweit es mir möglich ist, meide ich den Umgang mit ihnen. Privat sowieso, aber auch beruflich. Letzteres läßt sich nicht immer vermeiden, wenn man wie wir in Wirtschaftsstrafsachen unterwegs ist.
Auf der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts dümpelte seit langen Jahren ein sechsstelliger Betrag herum. Den hatte die Geschäftsbank meiner Mandantin dorthin verfrachtet, nachdem deren Geschäftskonto eingefroren wurde und die Staatsanwaltschaft den entsprechenden Arrestbeschluß umgesetzt sowie das Guthaben gepfändet hatte.
Das Finanzamt setzte sich auf den Arrestbeschluß des Gerichts und kündigte den Zugriff auf den hinterlegten Betrag an. Angeblich bestünden noch Steuerverbindlichkeiten.
Jahre später erhob die Staatsanwaltschaft endlich Anklage. Die Verteidigung im Zwischenverfahren war ausnahmsweise nicht nur sehr engagiert, sondern damit auch noch erfolgreich. Die Wirtschaftsstrafkammer lehnte den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Das Verfahren gegen meine Mandantin wurde eingestellt. Der Betrugsvorwurf hatte sich nicht bestätigt.
Der Arrestbeschluß wurde aufgehoben und nun ging es darum, die Hinterlegungsstelle dazu zu veranlassen, das frei gewordene hinterlegte Geld an meine Mandantin auszukehren. Dem stand „nur“ noch die Pfändung des Finanzamts im Wege. Dessen Forderung lag unterhalb des hinterlegten Betrags. In welcher Höhe, war meiner Mandatin jedoch unbekannt. Deswegen hatte ich Schwierigkeiten mit dem Antrag auf Verzinsung und Auskehrung des hinterlegten Betrags.
Seit Juli bis November habe ich wiederholt das Finanzamt angeschrieben und zumindest um die entsprechende Auskunft gebeten. Um etwaige Steuerbescheide wollten wir uns später kümmern.
Und was kam von diesen oben genannten Finanzbeamten als Reaktion? Genau: Nichts. Einmal nichts, zweimal nicht, dreimal nichts. Warum auch? Die Steuerlinge hatten alles, was sie brauchten, warum sollten sie sich also jetzt noch rühren?
Ich habe dann ein wenig recherchiert und an die Leitung des Finanzamts geschrieben, eine fett überschriebene
Dienstaufsichtsbeschwerde,
und zwar gleich zweimal kurz hintereinander, weil ich bei ersten Mal ein Detail vergessen hatte.
Und, was soll ich sagen: In weniger als 20 Stunden erreichten unsere Kanzlei hektische Rückrufbitten zweier aufgescheuchter Hühner Beamter. Einer der beiden bat um Rückruf. Am Freitag. Bis 13 Uhr!
Es ist furchtbar, daß die Vorurteile, die gegenüber Finanzbeamten bestehen, immer wieder auf’s Neue bestätigt werden.
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Bild Hühner: © Christoph Aron; Comic: Beamter © Stefan Bayer / beide via pixelio.de