Ein Polizeibeamter, der in Heiligendamm im Einsatz war, erstattet einen Erlebnisbericht:
Die Reise nach Krawalla*
Herr Glietsch hat keine Klagen bezüglich der Unterbringungssituation rund um den Einsatz in Heiligendamm gehört (so der Videotext des RBB). Ein Beamter, aus welchem Bundesland ist mir nicht bekannt, bekam einen „Maulkorb“ verpasst. Er durfte nicht an der Diskussion im ARD (Sabine Christiansen) teilnehmen.
Nun gut…..
Wir brachen mit den Krädern nach Güstrow auf. Ein Teil in die Sportschule. Der Andere in eine Agrarschule – und genau um diesen anderen Teil geht es hier.
Es empfing uns ein Bauwerk mit leicht morbiden „DDR-Charme“. Der innere Eindruck wurde vom Äußeren durchaus bestätigt. Aber immer der Reihe nach.
Das Zimmer (Zwei-Bett-Zimmer) verströmt nach dem Öffnen der Tür einen Geruch, der stark an (sehr) alte Billy-Ikea-Regale erinnerte. Irgendwo dazwischen war noch eine Nuance eines Reinigungsmittels drin. Oder war es doch Desinfektionslösung? Egal – es stank einfach, also Kampflüften.
Das Fenster ließ sich dann auch nach einer kurzen Korrektur am Scharnier tatsächlich öffnen. Kurz noch ein paar Silberfische aus dem feuchten Hohlrahmen geangelt und langsam normalisierte sich der Muff in dem knapp zehn qm großen Verschlag.
Ich bleibe gleich bei dem Mikroklima – dies erneuerte sich gründlich und völlig selbstständig sobald man das Fenster wieder schloss. Völlig unerheblich war dabei die Feuchtigkeit in dem Zimmer. Diese war, egal ob Fenster auf oder zu, stetig zu hoch. Mit der Folge, dass weder Duschhandtücher noch die Kradkombi vollständig trockneten. Also blieb die Luke offen – es wurde nie richtig was trocken, dafür war die Luft wenigsten OK.
Die nächste Überraschung brachten die Schlafmöbel. Die Bezeichnung „Bett“ wäre nicht treffend. Ein aus Pressspan gefertigtes Gestell mit einer durchgehenden Platte aus dem gleichen Material als Liegefläche. Gepolstert von etwa sechs Zentimeter Schaumstoff als Matratze – Sparta lässt grüßen. Der Vorteil: Holz quietscht nicht – es knarrt nur.
Danach wurden die sanitären Anlagen in Augenschein genommen. Sieben Waschbecken sind bei der durchschnittlichen „Belegungsfrequenz“ OK. Aber zwei kleine Duschkabinen, zwei WC-Zellen und EIN PP-Becken haben dann schon was kuschliges. Die Dusche war nie richtig trocken und man erschreckte sich auch nicht auf kalten Klobrillen. Letztere hatten fast immer Körpertemperatur. Das es nicht die eigene Temperatur war, störte nur am Rande. Wenn diese WC-Zellen mal unbesetzt waren boten sich also auch am PP-Becken Ausweichmöglichkeiten. Man ist ja flexibel.
Das der erste Tag mit Abwischproblemen endete, sei nur am Rande erwähnt. Das fehlende, weil sehr knapp bemessene, Papier wurde schnellstens nachgeführt.
Das Schulgelände stand tagsüber sperrangelweit offen und durch die Löcher in der „Einfriedung“ hätten unbemerkt ganze Kohorten gepasst. Eine Zugangskontrolle oder ständigen Wachdienst gab es nicht. Da fiel es auch nicht weiter ins Gewicht, dass die Kräder in uralten Schuppen mit maroden Dächern und leicht entzündlichen Holzteilen untergestellt waren. Eigentlich egal ob draußen oder drinnen geparkt. Entsprechend geneigte „Besucher“ hätten leichtes Spiel gehabt mind. 50% des ZVKD bewegungsunfähig zu machen. Glücklicherweise lag die Unterkunft weit abseits vom Schuss – ich hörte mal den Ausdruck „Pampa“.
Im gleichen Gebäude waren auch Lehrlinge untergebracht. Man soll sich ja vom ersten Eindruck nicht täuschen lassen, aber wieso waren die Kennzeichen der Aufklärungsfahrzeuge von so hohem Interesse?
Dieser Umstand bescherte auch weitere Überraschungen. Etwa gegen 19.00 Uhr wurde die Einfahrt zur Unterkunft abgeschlossen. Kam man später rein, musste der „Herbergsvater“, ein Kollege aus Rügen, der aus den Unzulänglichkeiten noch das Beste machte, mittels Handy quer über das Gelände laufen um das Tor zu Öffnen. Welch ein Glück, dass der Fußgängereingang, gleich neben dem Tor, breit genug für ein Krad war und nicht geschlossen werden konnte. Hochsicherheit wohin man blickte.
Die Regelung mit den beiden Eingangstüren erfüllte zwar keine Brandschutzvorschriften (keine Fluchttüren), sorgte aber für „Belustigung“. Eine Tür wurde eben auch gegen 19.00 Uhr abgeschlossen. Die Andere blieb bis 22.00 Uhr offen. Dort befand sich auch die Klingel für die „Nachtschwester“. Sie öffnete dann den dienstlichen Spätheimkehrern. Das man im Brandfalle einmal quer durchs Gebäude hätte laufen müssen, sei nur am Rande erwähnt, aber Hochparterre wäre zumindest für uns keine Hürde gewesen. Was die Kollegen im zweiten OG gemacht hätten, weiß ich nicht (Feuerlöscher kaufen?).
Aber zu meiner Beruhigung erfuhr ich, dass der Personalrat diese Unterkunft abgenommen haben soll. Eine Frage: WER WAR DAS?
Was mich positiv überrascht hat, war die Versorgung „im Felde“. Hut ab vor denen, die sich vorher drum gekümmert haben. Mit 30 Dienstjahren habe ich schon einige Einsätze hinter mir. Bei keinem hat die Versorgung „draußen“ so geklappt wie hier. Es waren mit hoher Sicherheit nicht die „Quartiermeister“.
………
*Krawalla – Verballhorung der BAO Kavala auf einer PDS-Nahen Internetseite.
Man muß sich nicht wundern, wenn die Polizeibeamten nach einer Nacht auf der Pritsche in Pilzzuchtanstalten morgens schlechte Laune haben. Gut nur, daß das Frühstück wenigstens taugte.