Ersatz der Gebrauchsvorteile bei Rückabwicklung des Kaufvertrages
Wenn ein Kaufgegenstand mangelhaft ist, kann der Käufer grundsätzlich die Wandlung erklären und den Kaufvertrag rückgängig machen. Dies bedeutet, der Verkäufer bekommt den Kaufgegenstand und der Käufer den Kaufpreis zurück. Was geschieht aber, wenn es sich bei dem Kaufgegenstand um ein Mopped handelt, das bei der Wandlung 4.000 km mehr auf der Uhr stehen hat als zum Zeitpunkt des Kaufs?
Der Fall: Bulli Bullmann freut sich, daß Brause ihm seine Kawa so günstig überläßt. Ganze DM 4.000,00 für die vier Jahre alte Z 900 und erst 4.000 km gelaufen. Stolz wie Oskar packt Bulli seine Zahnbürste ein, fährt in Richtung Süden und will weiter bis ans Meer. Zwei Wochen später und 4.000 km weiter nimmt Bulli Betrübt Bullmann dann die Leistung eines Abschleppunternehmens für die Rückfahrt in Anspruch: Der Vierzylinder kann das Öl nicht mehr halten. Zuhause angekommen stellt Bulli Bekümmert Bullmann fest, daß es sich bei der Kawa um ein Unfallmopped handelt; der frühere Besitzer teilte ihm zudem mit, daß er die Z mit einem Kilometerstand von 40.000 an Brause verkauft hatte. Bulli Böse Bullmann erklärt mit Hilfe seines Anwalts Rudolf Redlich die Wandlung und will seine DM 4.000,00 von Brause zuzüglich Transportkosten zurück. Brause stimmt der Wandlung kleinlaut zu, will aber an Bulli DM 760,00 weniger zahlen, da dieser schließlich mit der Kawa 4.000 km spazieren gefahren sei.
Die Lösung: Das OLG Hamm (NZV 1995, 69-70) meint dazu, dies sei völlig in Ordnung. Die Hammer tenorierten: „Im Rahmen der Wandlung können die Nutzungen für Gebrauchsvorteile eines Motorrades auf 0,19 DM/km geschätzt werden.“ Wie das Gericht zu diesem Ergebnis kommt, bleibt das Geheimnis der Richter. Grundsätzlich richtig ist, daß sich Bullmann die durch den Gebrauch der Kawa ersparte Abnutzung eines ansonsten an ihrer Stelle angeschafften Moppeds anrechnen lassen muß. Anders formuliert heißt dies, daß Bullmann den durch die Benutzung der Z 900 eingetretenen Wertverlust erstatten muß.
Die Frage ist nur, wie man diesen Wertschwund berechnet. Bei der Wandlung von PKW hat die Rechtsprechung einen Wert von 0,67 % bis 1,0 % des Kaufpreises pro 1.000 gefahrener Kilometer festgeklopft. Überträgt man das auf den oben genannten Fall, ergibt sich folgendes: 1% des Kaufpreises in Höhe von DM 4.000,00 sind DM 40,00; dies multipliziert mit 4 macht DM 160,00. Nach der für PKW üblichen Methode liegt der Gebrauchsvorteil demnach bis zu DM 600,00 unter der OLG-Hammer-Methode. Es gibt eine weitere Berechnungsmöglichkeit, die vom OLG Saarbrücken (NJW-RR 1990, 493) einmal für LKW entwickelt wurde. Danach beträgt der Gebrauchsvorteil des Käufers: Kaufpreis geteilt durch die voraussichtliche Restfahrleistung in km mal tatsächliche Laufleistung beim Käufer in km.
Die LKW-Methode übertragen auf den Kawafall bedeutet bei einer geschätzten Gesamtfahrleistung von 100.000 km, die die Z 900 wohl laufen müßte: 4.000 (Kaufpreis) : 60.000 (Restlaufleistung) x 4.000 (gefahrene km) = DM 266,67. Immerhin noch rund DM 500,00 billiger als in Hamm/Westfalen. Die Richter sind insgesamt der Ansicht, durch solche Rechenkunststückchen werde gewährleistet, daß ein Käufer, der durch Inanspruchnahme einer hohen Laufleistung großen Nutzen gezogen hat, für die damit gewonnenen Vorteile auch eine entsprechende Vergütung zahlt und der Verkäufer hierdurch einen angemessenen Ausgleich erhält.
Mir ist nicht klar, wie die Hammer Richter zu einer solchen Berechnung der Gebrauchsvorteile bei Motorrädern kommen. Richtig kann es jedenfalls nicht sein, sich mal eben einfach einen feststehenden Wert ohne Relation zum Kaufpreis des Moppeds aus den Fingern zu saugen.
Welche Berechnungsmethode nun anzuwenden ist, entscheidet schlußendlich derjenige Richter, welcher den konkreten Fall zu entscheiden hat. In diesem Zusammenhang abschließend noch ein böses Sprichwort: Vor Betrunkenen und Richtern sollte man sich in Acht nehmen – man weiß nie, wohin sie torkeln. ;-)