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Das war verdammt eng

Dem Beschuldigten gefiel es wenig bis gar nicht, dass er als Angeklagter zur Hauptverhandlung geladen war. Statt pünktlich und sauber gekleidet beim Gericht zu erscheinen, ging er andere Wege. Die er im Nachhinein bitter bereut hat: Der standardmäßig eingeleiteten Auslandsfahnung folgte relativ flott die Festnahme.

Das Urteil, das zwei Monate nach seiner Auslieferung verkündet wurde, beschreibt, warum sich über seine damalige Entscheidung sehr geärgert hat.

In der Enge von 42 qm mit 9 Personen, die mit großer Sicherheit sich nicht an die üblichen Konventionen gepflegten gesellschaftlichen Zusammenlebens gehalten haben, verbringen zu müssen, ist nicht lustig.

Dass das Gericht die Zeit der Auslieferungshaft sowohl beim Strafmaß als auch bei der Anrechnung dieser Haft auf die Strafe berücksichtigt hat, tröstet den Verurteilten nicht wirklich.

Knapp 7 Monate in serbischer Auslieferungshaft zu sitzen, hätte aber auch nicht sein müssen. Wenn der Mann kompetent beraten worden wäre. Das geht auch schneller, wenn der Verteidiger weiß, an welchen Schrauben er drehen muss. Hier war jemand unterwegs, der „das bisschen Strafrecht“ mal eben nebenher macht. Nun, wenigstens ist noch knapp eine Bewährungsstrafe dabei herumgekommen.

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Einreisebestimmungen bei der Selbststellung

Es ist schon etwas länger her, dass in der Geschäftsbeziehung zwischen meinem Mandanten und einem großen Reiseunternehmen etwas schief gegangen war. Jedenfalls wird er seit dieser Zeit von den Strafverfolgungsbehörden gesucht.

Nachdem es der Vorverteidigerin gelungen war, die Dauer der Verjährungsfrist um 5 Jahre zu verlängern, lief nun eine andere Frist zeitnäher ab: Die Dauer der Gültigkeit des Reisespasses, die – anders als die Verjährungsfrist – in diesem Fall nicht verlängerbar ist, § 7 Abs. 1 Ziff. 2 PassG.

Dies war der Anlass (Gründe gab es andere) für den Wunsch des Mandanten, sich nun dem Strafverfahren in Deutschland zu stellen.

Es ist gelungen, die Fahndung auf den innereuropäischen Bereich zu begrenzen, so dass die Selbststellung nicht im außereuropäischen Ausland erfolgen muss. Wer sich einmal z.B. mit dem asiatischen Auslieferungsverfahren beschäftigt hat, wird wissen, dass man das unbedingt vermeiden sollte.

Das Öffnen eines solchen Fensters zur Ausreise ist jedoch keine triviale Angelegenheit, was man allein schon daran erkennt, dass die Staatsanwaltschaften dafür Spezialabteilungen eingerichtet und mit besonders ausgebildeten Staatsanwälten besetzt haben. Ferner gibt es eine Aufgabenteilung zwischen dem LKA des betreffenden Landes, dem Bundeskriminialamt und den Kontaktbeamten im jeweiligen Ausland. Alles in Allem eine aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nur schwer überschaubare Sache.

Die Einreise hingegen ist recht unkompliziert. Vorausgesetzt, es gibt einen Direktflug, so dass ein Umsteigen in dem Gebiet, in dem die Fahndung noch läuft, nicht erforderlich ist. Anderenfalls findet die Festnahme und eine anschließende vieltägige, manchmal wochenlange Verschubung statt, die man auch innerhalb Deutschlands keinem Menschen wirklich wünschen will.

Der einreisewillige Festzunehmende teilt seine konkreten Reisedaten mit und verabredet sich – über den Verteidiger – mit dem Empfangskomitee am Flughafen.

Hier muss man wissen: Die Polizeibeamten achten darauf, dass dem Selbststeller nichts mehr bleibt außer den Sachen, die er am Leib trägt. In einigen Fällen nimmt man ihm auch die Schnürsenkel und den Gürtel weg.

Besonders spannend finden die Beamten dabei Barmittel und Kostbarkeiten, die man später zur Finanzierung der Prozesskosten nutzen oder bei der Vermögensabschöpfung verwerten kann.

Sinnvoll hingegen ist eine Tasche mit dem Gepäck, das die Kontrolle bei der Einweisung in die Untersuchungshaftanstalt überlebt. Dafür gibt es Packlisten (pdf), die die Haftanstalten zusammengestellt haben.

Sinnvoll ist auch, an geeigneter Stelle einen kleineren Geldbetrag zu deponieren, der dann möglich kurzfristig nach der Einweisung in die JVA auf das Haftkonto eingezahlt oder überwiesen werden kann. Sonst wird das nichts mit dem Einkauf im Knastladen, um sich mit den dortigen Luxusartikeln versorgen zu können.

Auch wenn der Verteidiger seinem Mandanten all diese Informationen zur Verfügung stellt und die Selbststellung gut vorbereitet ist, bleibt ein Kribbeln im Bauch, was der Mandant so schnell nicht vergessen wird.

Was wiederum meine Erfahrung bestätigt, dass die Beschäftigung mit Strafrecht – egal aus welcher Perspektive – einen sehr hohen Unterhaltungswert hat.

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