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Abtreten oder Antreten?

Irgend etwas war schiefgegangen mit GmbH der Mandantin. Und dann hat auch noch ihre Verteidigung, die sie in die eigene Hand genommen hatte, nicht so richtig funktioniert. Deswegen hat sie sich einen Strafbefehl gefangen. Sie soll eine Geldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen zu je 50 Euro bezahlen.

Die Mandantin hatte seinerzeit schon keine liquiden Mittel, um die GmbH vor der Zahlungsunfähigkeit zu retten und den Buchhalter zu bezahlen. Den Vorschuß an Ihren Verteidiger (das war noch nicht ich) konnte sie auch nicht leisten. Aber jetzt diese Geldstrafe mit Nebenkosten in Höhe von bummeligen 9.000 Euro?

Es passierte das, was schon beim Antrag auf Erlaß des Strafbefehls für Staatsanwalt und Richter absehbar war: Weil es in der Justizkasse nicht geklingelt hat, wird die Geldstrafe in eine Ersatzfreiheitsstrafe umgewandelt. Für jeden Tagessatz einen Tag und eine Nacht in den Frauenknast; 180 Mal frühstücken in der Zelle.

Die Mandantin legt mir nun die Ladung zum Haftantritt neben dem Cappuccino auf den Tisch. Der Caffè war frisch, diese Ladung nicht. Sie trug ein fast drei Monate altes Datum.

Nebenbei berichtete die Mandantin mir, daß sie vor kurzem in ein anderes Bundesland umgezogen sei. Von ihren Nachmietern in der alten Wohnung habe sie gehört, daß die Polizei sich zwischenzeitlich nach ihr erkundigt habe … Da gibt es also schon den Vollstreckungs-Haftbefehl.

Und jetzt soll ich ihr helfen, die Haft zu verhindern. Den Witz von dem Mann, der mit dem halben Hähnchen zum Tierarzt kommt und fragt, ob man da noch etwas machen könne, habe ich an anderer Stelle schonmal erzählt.

Auf meinen Hinweis, da hilft jetzt nur noch zahlen, hatte sie zwei tolle Ideen:

Aus ihren Geschäften habe sie noch Forderungen in hoher fünfstelliger Höhe. Die könnte sie mir abtreten zur Sicherheit dafür, daß ich ihr ein Darlehen in Höhe der Geldstrafe gewähre.

Nach meiner Reaktion auf diesen Vorschlag griff sie zum letzten Strohhalm, den sie noch erkennen konnte: Sie schlug vor, die Forderung gleich direkt an die Justizkasse abzutreten, um den Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe zu vermeiden.

Wir haben uns darauf geeinigt, daß ich die Mandantin im Zusammenhang mit ihrer Selbststellung in der zuständigen Justizvollzugsanstalt berate …

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Bild: © Alexander Dreher / pixelio.de

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