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Nachlackiert ist nicht mehr neu!

Der spätere Kläger hatte bei einem Vertragshändler einen neuen BMW 320d für 39.000 € bestellt. Einen Monat später wollte er sein Auto eigentlich abholen, allerdings hatte das Schäden an der Lackierung und der Karosserie. Der Vertragshändler sollte nachbessern, was dieser zumindest versuchte. Das Ergebnis überzeugte den Käufer nicht. Gestützt auf ein Sachverständigengutachten, das die Nachbesserung für nicht ordnungsgemäß erachtete, lehnte er die Übernahme des BMW erneut ab – dieser sei ja auch nicht mehr neu – und trat vom Vertrag zurück.

Der Vertragshändler meinte, das Auto sei völlig in Ordnung und dachte nicht daran, den Kaufpreis zu erstatten. Das Landgericht Bochum sah das anders und gab der Klage des Käufers auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung in Höhe von 10.000 €, Freistellung von den zur Fahrzeugfinanzierung eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten sowie Ersatz von Sachverständigenkosten statt. Dagegen legte der Vertragshändler Berufung ein und bekam vor dem OLG Hamm Recht. Die verbliebenen Mängel, auch wenn zu deren Beseitigung bis zu sieben Prozent vom Kaufpreises kosten würden, seien lediglich optischer Natur, kaum wahrnehmbar und daher unerheblich. Und da der Käufer am Anfang ausdrücklich Nachbesserung verlangt hat, könne er sich jetzt auch nicht darauf berufen, dass das Auto nicht mehr neu sei.

Nachdem zwei Gerichte zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen gekommen waren, musste der für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entscheiden und fand den Umstand, dass der Vertragshändler nicht ordentlich nachgebessert hatte, alles andere als unerheblich. Der Käufer eines Neuwagens könne grundsätzlich erwarten, dass die von ihm verlangte Nachbesserung technisch den Zustand herbeiführt, der dem werksseitigen Auslieferungsstandard entspricht.

Verlangt der Käufer eines Neuwagens die Beseitigung von Mängeln, verzichtet er damit nicht auf die mit der Neuwagenbestellung vereinbarte Beschaffenheit einer Fabrikneuheit des Fahrzeugs. Wird durch die Nachbesserungsarbeiten ein Fahrzeugzustand, wie er normalerweise bei einer werksseitigen Auslieferung besteht, nicht erreicht, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten.

Der Rücktritt ist dabei auch nicht durch § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Denn der als Beschaffenheit vereinbarte fabrikneue Zustand des Fahrzeugs ist ein maßgeblicher Gesichtspunkt bei der Kaufentscheidung und spielt auch wirtschaftlich eine Rolle, da Fahrzeuge, die nicht mehr als fabrikneu gelten, mit deutlichen Preisabschlägen gehandelt werden.

BGH, Urteil vom 06.02.2013 – VIII ZR 374/11

Quelle: Pressemitteilung Nr. 23/2013 vom 06. Februar 2012

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