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Der Wanderwagen

Im Gebrauchtwagenhandel macht es für die Kaufentscheidung des Käufers einen beträchtlichen Unterschied, ob das Fahrzeug einen oder drei Vorbesitzer hatte. Die falsche Angabe eines Vorbesitzers statt in Wirklichkeit dreier beim Gebrauchtwagenhandel stellt einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB dar. So entschied es das OLG Naumburg.

Der Kläger hatte bei einem gewerblichen Händler einen Gebrauchtwagen gekauft und zunächst erfolglos versucht, den Wagen wieder loszuwerden mit der Behauptung dieser hätte Vorschäden. Erst mit dem Argument, der Händler habe nicht über sämtliche Vorbesitzer des Fahrzeuges aufgeklärt, fand er beim Gericht letztlich Gehör.

Im Kaufvertrag war nur ein Vorbesitzer laut Fahrzeugbrief aufgeführt, im Fahrzeugbrief war auch nur ein Halter eingetragen. Neben dem Datum der Erstzulassung war im Fahrzeugbrief dann aber vermerkt: „Anzahl der Vorhalter 2“.

Das Fahrzeug hatte eine bewegte Geschichte hinter sich. Der Erstbesitzer hatte es an ein Autohaus verkauft. Von dort wurde es, da ein Schaden am Turbolader vorlag, an eine Werkstatt weiter gereicht. Nachdem die Werkstatt den Schaden repariert hatte, kaufte es der nun verklagte Autohändler, der es wiederum an den Kläger verkaufte. Das Autohaus und auch die Werkstatt waren nicht in den Fahrzeugbrief eingetragen worden.

Das LG Dessau-Roßlau gab der Klage überwiegend statt. Die Berufung des Autohändlers blieb ohne Erfolg.

Maßgeblich war eine Entscheidung des BGH vom 16.12.2009 (VIII ZR 38/09 [NJW 2010, 858]) wonach der Händler über sämtliche Vorbesitzer aufklären muß.

(Es) liegt ein solcher für den Käufer eines Gebrauchtwagens wesentlicher Umstand vor, wenn der Verkäufer das Fahrzeug selbst – wie hier – kurz zuvor von einem ´fliegenden Zwischenhändler´ erworben hat. In einem solchen Fall ist der Verkäufer zur Aufklärung verpflichtet (OLG Bremen, NJW 2003, 3713 f.; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rdnr. 1599), denn ohne einen entsprechenden Hinweis geht der Käufer davon aus, dass der Vertragspartner das Fahrzeug von demjenigen übernommen hat, der als letzter Halter in dem Kraftfahrzeugbrief eingetragen ist.
Hat der Verkäufer das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Weiterverkauf selbst von einer Person unbekannter Identität erworben, liegt der Verdacht nahe, dass es während der Besitzzeit des unbekannten Voreigentümers zu Manipulationen am Kilometerzähler oder einer sonstigen unsachgemäßen Behandlung des Fahrzeugs gekommen ist. Die Verlässlichkeit der Angaben des Verkäufers zum Fahrzeug wird dadurch grundlegend entwertet.

Für das OLG Naumburg machte es auch keinen Unterschied, dass es sich anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall um keinen sog. „fliegenden Zwischenhändler“ unbekannter Identität handelte, sondern um namentlich bekannte und möglicherweise greifbare Unternehmen. Allein entscheidend war, dass die Angabe zur Anzahl der Halter laut Fahrzeugbrief im Kaufvertrag objektiv falsch war, weil sich aus dem Fahrzeugbrief selbst wenigstens zwei weitere Halter ergaben. Der Käufer konnte demnach vom Vertrag zurück treten.

OLG Naumburg, Urteil vom 14.08.2012, 1 U 35/12 (VRR 2013, 183 f. mit Anmerkung von RA Kümmerle, Berlin)

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Nachlackiert ist nicht mehr neu!

Der spätere Kläger hatte bei einem Vertragshändler einen neuen BMW 320d für 39.000 € bestellt. Einen Monat später wollte er sein Auto eigentlich abholen, allerdings hatte das Schäden an der Lackierung und der Karosserie. Der Vertragshändler sollte nachbessern, was dieser zumindest versuchte. Das Ergebnis überzeugte den Käufer nicht. Gestützt auf ein Sachverständigengutachten, das die Nachbesserung für nicht ordnungsgemäß erachtete, lehnte er die Übernahme des BMW erneut ab – dieser sei ja auch nicht mehr neu – und trat vom Vertrag zurück.

Der Vertragshändler meinte, das Auto sei völlig in Ordnung und dachte nicht daran, den Kaufpreis zu erstatten. Das Landgericht Bochum sah das anders und gab der Klage des Käufers auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung in Höhe von 10.000 €, Freistellung von den zur Fahrzeugfinanzierung eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten sowie Ersatz von Sachverständigenkosten statt. Dagegen legte der Vertragshändler Berufung ein und bekam vor dem OLG Hamm Recht. Die verbliebenen Mängel, auch wenn zu deren Beseitigung bis zu sieben Prozent vom Kaufpreises kosten würden, seien lediglich optischer Natur, kaum wahrnehmbar und daher unerheblich. Und da der Käufer am Anfang ausdrücklich Nachbesserung verlangt hat, könne er sich jetzt auch nicht darauf berufen, dass das Auto nicht mehr neu sei.

Nachdem zwei Gerichte zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen gekommen waren, musste der für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entscheiden und fand den Umstand, dass der Vertragshändler nicht ordentlich nachgebessert hatte, alles andere als unerheblich. Der Käufer eines Neuwagens könne grundsätzlich erwarten, dass die von ihm verlangte Nachbesserung technisch den Zustand herbeiführt, der dem werksseitigen Auslieferungsstandard entspricht.

Verlangt der Käufer eines Neuwagens die Beseitigung von Mängeln, verzichtet er damit nicht auf die mit der Neuwagenbestellung vereinbarte Beschaffenheit einer Fabrikneuheit des Fahrzeugs. Wird durch die Nachbesserungsarbeiten ein Fahrzeugzustand, wie er normalerweise bei einer werksseitigen Auslieferung besteht, nicht erreicht, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten.

Der Rücktritt ist dabei auch nicht durch § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Denn der als Beschaffenheit vereinbarte fabrikneue Zustand des Fahrzeugs ist ein maßgeblicher Gesichtspunkt bei der Kaufentscheidung und spielt auch wirtschaftlich eine Rolle, da Fahrzeuge, die nicht mehr als fabrikneu gelten, mit deutlichen Preisabschlägen gehandelt werden.

BGH, Urteil vom 06.02.2013 – VIII ZR 374/11

Quelle: Pressemitteilung Nr. 23/2013 vom 06. Februar 2012

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I don’t like mondays

Innerhalb eines Jahres seit Übergabe seines nagelneuen Wohnmobils, musste der Käufer mit seinem Fahrzeug insgesamt dreimal zur Beseitigung von Mängeln in die Werkstatt des Verkäufers. So knarrte u.a. die Satellitenantenne beim Ausfahren, die Spüle war fleckig, Abdeckkappen der Möbelverbinder waren schief angebracht, die Stoßstange lose, die Toilettenkassette löste sich während der Fahrt aus der Halterung, und so weiter und so fort.

Nach und nach kamen immer mehr Mängel zusammen, so dass der Käufer zwei Jahre nach Übergabe des Wohnmobils den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärte. Es seien noch 15 Mängel vorhanden, deren Beseitigung nach den Erkenntnissen eines Sachverständigen einen Kostenaufwand von rund 5.500 Euro netto verursachen würde.

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