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Der Zeugenbeweis: Unmittelbar und persönlich

Der Braunschweiger Kollege Werner Siebers berichtete über Berlusconis Bunga-Bunga-Maus als Zeugin vor Gericht.

Frau Karima El Mahrough, wie die Künstlerin richtig heißt, sollte als Zeugin in dem Verfahren gegen den ehemaligen Regierungschef Silvio Berlusconi gehört werden. Sie war an zwei Terminen, zu denen sie geladen war, verhindert und nicht erschienen. Der dritten Zeugenladung ist sie dann gefolgt. Rechtsanwalt Siebers zitiert aus einem Bericht der Zeitschrift „Stern“:

Die gebürtige Marokkanerin muss aber nicht als Zeugin auftreten. Berlusconis Anwälte reichten Rubys Aussagen schriftlich ein.

Das funktioniert in unseren deutschen Strafprozessen so nicht. Hier gilt der Grundsatz der persönlichen Vernehmung, eine Variante des Unmittelbarkeitsgrundsatz. Beide Prinzipien dienen der Kontrolle des Verfahrens durch die Öffentlichkeit. Zudem soll dem Gericht ermöglicht werden, sich einen persönlichen Eindruck von dem Zeugen zu verschaffen. Außerdem sollen (müssen!) die Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit haben, die Zeugen zu befragen; oftmals ergeben sich die wesentlichen Erkenntnisse erst aus der (streitigen) Vernehmung eines Zeugen durch Richter, Staatsanwalt oder Verteidiger.

Damit wird sichergestellt, daß das Gericht sich in eigener Wahrnehmung ein lebendiges, unmittelbares Bild von den Beweispersonen und -mitteln macht und so nach seinem eigenen Eindruck von der Tat, „wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt“ (§ 264 StPO), urteilt. Ein Urteil „nach Aktenlage“ ist im Grundsatz nicht vorgesehen.

Es wäre zwar nicht ausgeschlossen, eine schriftliche Zeugenaussage – zum Beispiel durch Verlesung – in das Verfahren einzuführen. Aber grundsätzlich nicht als Ersatz für die persönliche Anhörung und Vernehmung eines anwesenden(!) Zeugen, § 250 StPO.

Von jedem Grundsatz gibt es Ausnahmen.

Das alles wird es in dem beschriebenen Prozeß aber nicht sein. Denkbar wäre aber folgende Konstallation:

Ein Zeuge verweigert (teilweise) die Aussage nach § 55 StPO, weil er sich nicht der Gefahr aussetzen möchte, selbst in den Focus der Ermittler zu geraten. Dann kann ausnahmsweise eine von ihm selbst verfaßte schriftliche Erklärung zu Beweiszwecken verlesen werden.

Ob in dem Berlusconi-Verfahren eine solche Konstellation vorgelegen hat, wird nicht berichtet. Ein Blick in die Glaskugel könnte dies aber bestätigen. Denn: Wer mit dem Teufel geht, riecht dann eben auch nach Schwefel.

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